
Achtsame Kommunikation
Deep Listening im Büro
Beobachten und Zuhören sind zwei einfache Werkzeuge für schwierige Kommunikationssituationen. Oftmals verblendet von eigenen (Kommunikations-)Mustern, Erwartungen oder emotionalen Verstrickungen ist das Ergebnis von Kommunikation: Kritik, Missverständnis und/oder (gegenseitige) Schuldzuweisungen. Die Achtsamkeitspraxis stellt Personen ein Werkzeug zur Verfügung, das ihnen erlaubt, aufmerksam, klar und präsent zu sein. Beobachten und Zuhören lauten die Zauberwörter. Dabei gilt es die eigenen körperlichen, emotionalen und kognitiven Reaktionen in Kommunikationssituationen zu beobachten und achtsames Zuhören zu kultivieren.
Einfache Anleitung, herausfordernde Praxis
Die klinische Psychologin Harriet Lerner attestiert der Kunst des Zuhörens eine wichtige Bedeutung: „Die Grundregeln des Zuhörens sind recht einfach: Zunächst müssen wir Stille in uns selbst finden. Wir müssen aufhören zu sprechen und innerlich und äußerlich schweigen, sodass wir hören können, was der andere sagt. Gutes Zuhören ist ähnlich wie eine Meditation, in der es um ein Stillwerden des Geistes geht.“ Dieses „Stillwerden“ ist Teil der achtsamen Kommunikationspraxis. Zu erfahren, wie es sich anfühlt, nur zuzuhören, Impulse nonverbaler Kommunikation wahrzunehmen und sich eigener Kommunikationsmuster bewusst zu werden.
Ich + Du + Kontext
Dabei ist die Reflexion kulturspezifischer Kommunikationsstile (direkt/indirekt, linear/zirkulär etc.) ebenso wichtig wie eine situative Umfeldanalyse. Welche (äußeren) Faktoren (z.B. Interessensgruppen, Ziel- oder Zeitvorgaben, Ort) bedingen die Kommunikation und in welchem Kontext bewege ich mich als DialogpartnerIn/SprecherIn/Person? Gibt es Momente der Achtsamkeit, die es mir erlauben, in meiner Mitte zu bleiben, mit den (eigenen) Erwartungen sowie jenen des Gegenübers umzugehen, Gefühle und Bedürfnisse klar auszudrücken und automatisierte Reaktionen wahrzunehmen oder sogar zu unterbinden? Diese Kompetenz – auf kognitiver, affektiver sowie verhaltensorientierter Ebene – gilt es zu entwickeln. Erst dann klappt es auch mit der Kommunikation.
Deep Listening: Eine Methode für mitfühlende Beziehungen
Etabliert hat sich das Deep-Listening-Training bereits 2004, als Methode, die den personenzentrierten Ansatz der humanistischen Psychologie mit der tibetisch-buddhistischen Tradition verbindet. Deep Listening ist eine professionelle Schulung des Zuhörens und zielt auf die Entwicklung und Förderung von drei Kernkompetenzen ab: Embodiment (Fühlen mit dem Körper), Aufrechterhalten einer unterstützenden Präsenz und die Entwicklung einer mitfühlenden Beziehung. So ist eine verbesserte „Zuhör-Fertigkeit“ nicht nur relevant in der Führungskräfteentwicklung oder im Kundenmanagement, sondern führt auch zu weniger Konflikten innerhalb eines Teams.
Eine werteorientierte Organisations- und Kommunikationskultur
Trends im Personalmanagement 2015 zeigen, dass „hohe Komplexität des Arbeitsumfeldes“, „Stress am Arbeitsplatz“ und „Informationsflut“ zu den größten Herausforderungen österreichischer Unternehmen zählen. Adäquate (Gegen-)Maßnahmen lassen oftmals zu wünschen übrig. Hier braucht es eine werteorientierte Organisations- und Kommunikationskultur, die auf Wertschätzung, Empathie und Respekt beruht und einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt. Einen Ansatz, der das (physische UND psychische) Wohlbefinden der MitarbeiterInnen berücksichtigt.
Die Praxis der Achtsamkeitsmeditation erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass man auf andere mit mehr Mitgefühl reagiert. Dass diese Fähigkeit selbst noch erlernt werden kann, haben Ergebnisse von Untersuchungen mittels funktioneller Kernspintomographie (fMRI) ergeben. So lässt sich Mitgefühl ebenso erlernen wie das Spielen eines Musikinstruments. Dann bleibt wohl nur noch Eines: Üben.
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